Provenienz-Forschung
Seit 2010 recherchiert das MK&G die Herkunftsgeschichte seiner Sammlung und legt die Ergebnisse offen. In der Provenienzforschung wird untersucht, ob Kunstgegenstände legal erworben wurden oder sich unrechtmäßig entzogene Kulturgüter darunter befinden. Dazu zählen NS-Raubgut, insbesondere aus jüdischem Besitz, Kulturgutentziehungen in der Sowjetischen Besatzungszone und in der ehemaligen DDR sowie Zugänge aus kolonialen Zusammenhängen. Die Recherche nach belasteten Sammlungsobjekten ist heute die Kernaufgabe der Provenienzforschung.
1998 verabschiedet die „Washingtoner Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust“ elf Grundsätze (Washingtoner Prinzipien). Mit der Unterzeichnung der „Washingtoner Erklärung“ verpflichten sich 44 Staaten und zwölf nichtstaatliche Organisationen nach entzogenem Kulturgut zu suchen und Wiedergutmachung zu leisten. 1999 unterzeichnen Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände dazu eine Selbstverpflichtung. Öffentliche Institutionen in Deutschland sollen ihre Bestände überprüfen und ungeklärte Zugänge offenlegen.
Das MK&G stellte seine Ergebnisse aus vier Jahren Recherche 2014 in der Ausstellung „Raubkunst? Provenienzforschung zu den Sammlungen des Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg“ vor. Interventionen zu den Silberbeständen aus jüdischem Besitz, den Benin-Bronzen und einem Marmorpaneel aus Afghanistan legen die weiteren Forschungsergebnisse bis 2018 offen. Als Provenienzspur sind die Forschungsergebnisse nach dem Ausstellungsende 2021 weiterhin in der Schausammlung zu sehen und schließen aktuell die Sammlung Islamische Kunst ein.
Die Aufgaben der Provenienzforschung sind im Laufe der Jahre gewachsen. Nach dem anfänglichen Fokus auf die NS-Zeit, sind die Verbringungen von außereuropäischer Kunst ebenfalls Forschungsgegenstand. Infolge gibt das MK&G 2019 ein Marmorpaneel aus Ghazni an Afghanistan zurück. Die Benin-Bronzen werden 2021 an das Museum am Rothenbaum Kulturen und Künste der Welt (MARKK) abgegeben, um sie in die aktuellen Rückgabeverhandlungen des Auswärtigen Amtes einzubinden. Der Bund fördert die Provenienzforschung seit 2008. Die 2015 gegründete Stiftung „Deutsches Zentrum Kulturgutverluste“ (DZK) koordiniert die Förderung. Die Forschungsdatenbank Proveana informiert über die Projekte. In die Datenbank Lost Art können Such- und Fundmeldungen von Kulturgütern eingestellt werden. Seit 2020 fördert das DZK auch Forschungsprojekte zum Kulturgutentzug in der DDR und aus kolonialen Kontexten. Das MK&G wird seit 2010 bei Rechercheprojekten unterstützt.
KONTAKT
Dr. Silke Reuther
silke.reuther@mkg-hamburg.de
Im November 2018 konnte das MK&G einen silbernen Kidduschbecher aus der Judaika-Sammlung des vom NS-Regime verfolgten deutsch-jüdischen Kaufmanns und Kunstsammlers Max Raphael Hahn (1880-1942) an dessen Familie restituieren. Die Identifizierung des 1939 beschlagnahmten Bechers in dem vom MK&G bewahrten Silberbestand aus jüdischem Besitz war anhand eines historischen Fotos möglich.
In Kooperation mit dem in Kanada lebenden Enkel von Max Raphael Hahn wurden beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg Fördergelder für ein Forschungsprojekt zur Rekonstruktion der Judaika-Sammlung von Max Raphael Hahn beantragt und für zwei Jahre bewilligt.
Im Zuge der Recherche gelang es, viele Informationen über diese bedeutende Sammlung zusammen zutragen. Trotz neu aufgefundener Fotografien konnten aber keine weiteren Objekte sicher identifiziert werden. Ein Grund liegt in der seriellen Herstellung von Judaika, die nur selten Unikate sind. Dass es trotz intensiver Recherche nicht gelang, den Verbleib einzelner Objekte und deren Verlustumstände zu klären, ist auch auf die lückenhafte Forschungslage zurückzuführen, denn die Unterlagen der Pfandleihen in Hamburg und Berlin gingen kriegsbedingt verloren. In der Nachkriegszeit wurden Abgaben von Judaika an jüdische Gemeinden und Museen von den Sammelstellen des erhaltenen Kulturguts (Central Collecting Points) und den Opferverbänden nicht dokumentiert. Erkenntnisse über das Verwertungssystem von entzogenem Kulturgut – insbesondere jüdischen Ritualobjekten – im nationalsozialistischen Regime konnten im Rahmen der Nachforschungen gewonnen werden. Sie bilden aber den Verlust der Judaika-Sammlung von Max Raphael Hahn nur in ihrer grundlegenden Struktur ab.
Das Projekt wurde im ersten Förderjahr vom März 2020 bis Februar 2021 von der Provenienzforscherin Dr. Tanja Baensch, Berlin, durchgeführt. Von September 2021 bis September 2022 übernahm die Provenienzforscherin Janine Schmitt M.A., München die weitere Recherche.
Informationen zu den in der Lost-Art Datenbank veröffentlichten Objekten finden Sie hier.
Porzellan, Bronzen, Bildrollen – tausende von Objekten aus China in deutschen Museumssammlungen stammen aus Plünderungen, die um 1900 im Kontext des sogenannten „Boxerkrieges“ stattfanden. Ihre problematische Herkunft ist in den wenigsten Fällen bekannt, die unterschiedlichen Wege, auf denen sie in deutsche Sammlungen gelangten, nur ansatzweise erforscht. Erstmals tun sich in diesem Projekt sieben deutsche Museen zusammen, um ihre Bestände systematisch nach Plünderware aus dem Boxerkrieg zu befragen und gemeinsam deren Provenienzen zu erforschen.
In der westlichen Literatur als „Boxer“ bezeichnete Kämpfer waren Ende des 19. Jahrhunderts treibende Kraft einer antiimperialistischen Bewegung in Nordchina, die den Namen Yìhétuán Yùndòng (義和團運動, Bewegung der Verbände für Gerechtigkeit und Harmonie) trug. Die Aufständischen griffen zunächst christliche Missionar*innen und ihre chinesischen Anhänger*innen, bald auch ausländische Unternehmer*innen und Diplomat*innen an. Im Mai 1900 breiteten sich die gewalttätigen Ausschreitungen bis nach Peking aus und gipfelten im Juni in einer Belagerung ausländischer Gesandtschaften. Eine Acht-Nationen-Allianz, zu der auch das Deutsche Reich gehörte, entsandte Truppen nach China. Während des sogenannten „Boxerkrieges“ von 1900–1901 wurden nicht nur die Aufständischen aufs gewaltvollste niedergeschlagen, Peking wurde zudem ausgeraubt und gebrandschatzt. Tausende von Kunstwerken und anderen Artefakten aus den Plünderungen gelangten in der Folge direkt oder auch indirekt, zum Beispiel über den Kunsthandel, in deutsche Museumssammlungen, wo sie bis heute aufbewahrt und ausgestellt werden.
Das Projekt „Spuren des Boxerkrieges in deutschen Museumssammlungen“ untersucht sowohl Objekte in den einzelnen Institutionen als auch Akteur*innen, die in deren Raub, Transport und Handel verwickelt waren. Dabei sollen museumsübergreifend historische Mechanismen des Sammelns dieser sensiblen Objekte in Deutschland sichtbar gemacht werden. Ziel des Projekts ist neben der Erforschung der Sammlungsbestände die Herausgabe eines methodologischen Leitfadens. Dieser wird die Basis für eine umfassendere Aufarbeitung der im Kontext des „Boxerkrieges“ stehenden chinesischen Sammlungsbestände in nationalen wie internationalen Museen schaffen.
Ein Verbundprojekt von:
– Stiftung Preußischer Kulturbesitz / Staatliche Museen zu Berlin (Zentralarchiv / Museum für Asiatische Kunst / Ethnologisches Museum)
– Museum am Rothenbaum – Kulturen und Künste der Welt Hamburg
– Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
– GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig
– Museum Angewandte Kunst Frankfurt am Main
– Museum Fünf Kontinente München
In Kooperation mit: Palastmuseum Peking
Gefördert durch: Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, Projekt-ID: KK_LA03_I2021
Projektlaufzeit: November 2021 – Juni 2024
Raubkunst? Ein Marmorpaneel aus dem afghanischen Königspalast in Ghazni in der Sammlung des MK&G
Herausgegeben 2018 von Sabine Schulze und Silke Reuther, im Rahmen der Ausstellung Raubkunst? im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Mit Beiträgen von Julio Bendzu-Sarmiento, Claus-Peter Haase, Stefan Heidemann, Frank Hildebrandt, Tobias Mörike, Mohammad Fahim Rahimi, Silke Reuther und Sabine Schulze. 80 Seiten, Broschur, ISBN 978-3-923859-89-4, 9,90 Euro. Erhältlich im Museumsshop.
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Raubkunst? Die Bronzen aus Benin
Herausgegeben 2018 von Sabine Schulze und Silke Reuther, anlässlich der Ausstellung Raubkunst? Die Bronzen aus Benin im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Mit Beiträgen von Anja Ellenberger, Tobias Mörike, Barbara Plankensteiner und Silke Reuther. 64 Seiten, Broschur, ISBN 978-3-923859-87-0, 9,90 Euro. Erhältlich im Museumsshop.
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Tagungsband. Raubkunst? Silber aus ehemals jüdischem Besitz – wie gehen Museen damit um?
Herausgegeben 2016 von Sabine Schulze und Silke Reuther, mit Beiträgen von Katharina Fegebank, Uwe. M. Schneede, Silke Reuther, Wiebke Müller, Ilse von zur Mühlen, Marlies Coburger, Steffi Grapenthin, Leonhard Weidinger, Larissa Förster, Jürgen Lillteicher. Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, 64 Seiten, Broschur, ISBN 978-3-923859-86-3, 9,90 Euro. Erhältlich im Museumsshop.
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RAUBKUNST? PROVENIENZFORSCHUNG ZU DEN SAMMLUNGEN DES MK&G
Herausgegeben 2014 von Sabine Schulze und Silke Reuther, mit Beiträgen von Leonhardt Weidinger (Museum für Angewandte Kunst, Wien), Maike Brüggen (Stadtmuseum Frankfurt), Wiebke Müller (Museum für Hamburgische Geschichte), Anja Tiedemann (Universität Hamburg), Frank Hildebrandt (MKG), Olaf Kirsch (MKG), Silke Reuther (MKG) und Uwe M. Schneede (Vorsitzender des Beirats der Arbeitsstelle für Provenienzforschung in Berlin), 144 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen in Farbe, 21 x 28 cm, gebunden, ISBN 978-3-923859-81-8 (D), 19,90 Euro. Erhältlich im Museumsshop.
Digitale Inventarisierung
Im November 2012 startete das durch Sondermittel des Hamburger Senats ermöglichte Projekt „Digitale Inventarisierung“ im MK&G. Ziel ist die systematische, standardisierte digitale Erfassung und Digitalisierung der vielfältigen Bestände. Begonnen wurde mit Objekten aus den Sammlungen Fotografie sowie Grafik und Plakat. Innerhalb der nächsten Jahre soll der Gesamtbestand des Hauses von ca. einer halben Million Objekten bearbeitet werden. Die digitale Inventarisierung der Objekte erfordert aufwendige und mehrstufige Arbeitsprozesse, an denen sehr viele Kolleg*innen im Haus beteiligt sind: Objekte müssen transportiert, gesichert, begutachtet, erfasst, digitalisiert, gegebenenfalls neu verpackt und zurücksortiert werden. Die sonst oftmals im Depot verborgenen Schätze erleichtern in digitalisierter Form nicht nur innerhalb des Hauses Arbeitsprozesse, sondern werden über die MK&G Sammlung Online auch der Forschung bereitgestellt und externen Nutzer*innen zugänglich gemacht.
Kontakt
Insa Brinkmann
insa.brinkmann@mkg-hamburg.de
Ein Kurzfilm über das digitale Kuratieren und ein Blick hinter die Kulissen der Digitalisierungsprozesse des MK&G Hamburg
Die digitale Inventarisierung wird oft als vom Museumsalltag getrennt angesehen. In diesem Video teilt die Kuratorin und Leiterin der Sammlung Ostasien und Islamische Kunst, Wibke Schrape, ihre ganzheitliche Perspektive auf das digitale Kuratieren: Inventarisierung bedeutet für sie, einem Objekt Handlungsfähigkeit zu verleihen. Von dem Moment an, in dem es in das Museum kommt, fotografiert, erfasst, konserviert, in der Datenbank dokumentiert und – wenn möglich – mit der Öffentlichkeit geteilt wird.
Der Filmemacher Dellair Youssef begleitet sie durch die Ausstellungsräume und Depots des MK&G und zeigt, was (digitales) Kuratieren in ihrem Arbeitsalltag bedeutet und wie sie Herausforderungen begegnet. Außerdem erhalten wir Einblicke, wie Expert*innen aus verschiedenen Abteilungen des Museums zusammenarbeiten, um eine großformatige William-Morris-Tapete zu digitalisieren und bekommen einen Einblick in die 3D-Digitalisierung japanischer Lackarbeiten.
Da das MK&G insgesamt mehr als 500.000 Objekte besitzt, sind neben Ressourcen vor allem Sorgfalt und Expert*innenwissen erforderlich, um die Sammlung vollständig zu dokumentieren und auch digital zu veröffentlichen. Viele Museen teilen diese Aufgabe. Einige stehen erst am Beginn dieses Prozesses, während andere bereits über umfangreiche, inventarisierte Bestände verfügen. Und doch ist die Digitalisierung ein fortlaufender Prozess, der nie abgeschlossen sein wird: Neue Objekte und Erkenntnisse kommen hinzu, Zusammenhänge werden entdeckt, technischen Möglichkeiten und Anforderungen entwickeln sich weiter. Formate, Standards und auch die Art und Weise, wie wir dokumentieren, verändern sich – veraltete Vokabulare erfordern neue Perspektiven und eine zeitgemäße, diskriminierungsfreie Sprache.
Da der Dokumentationsprozess komplexe digitale Surrogate schafft, können diese selbst als neue Objekte betrachtet werden. Es gilt, diese Form der Wissensproduktion als Ausdruck ihrer jeweiligen Zeit zu dokumentieren, da sich diese mit den gesellschaftlichen und technischen Veränderungen seit den Anfängen der Museen und Sammlungen ständig weiterentwickelt.
Der Film ist im Rahmen des Projekts NEO Collections entstanden.
Der Aufwand der digitalen Inventarisierung ist insbesondere bei dreidimensionalen Objekten sehr hoch und lässt sich im musealen Alltag kaum nebenbei bewältigen. Umso wertvoller ist die Förderung der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Mit ihrer Unterstützung beschäftigt das Museum für die Projektlaufzeit eine Museologin, die die Sammlung Europäisches Kunsthandwerk und Skulptur gemeinsam mit dem Team des MK&G in den Fokus der Digitalisierung nimmt. Bis Ende 2023 sollen so circa 2000 Objekte erfasst und viele davon auch erstmalig fotografisch dokumentiert werden. Diese außergewöhnliche Sammlung erhält in der Sammlung Online somit eine ihr gebührende Sichtbarkeit und Präsenz. Ergänzend erlaubt die Förderung eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema des „Digital Storytelling“.
Projektlaufzeit: Oktober 2020 – Dezember 2023
Restaurierung
Bewahren für die Nachwelt
Das Bewahren – die Restaurierung und langfristige Erhaltung von Kunstwerken für die Nachwelt – gehört zu den zentralen Aufgaben eines Museums. Im MK&G erfordern die rund 500.000 Kunstgegenstände unterschiedlichster Beschaffenheit aus verschiedensten Materialien eine differenzierte fachkundige Betreuung und Pflege. Zum Spektrum der Restaurierung gehören zwei- und dreidimensionale Werke der bildenden und angewandten Künste aus allen Kulturkreisen der Welt von der Antike bis zur Gegenwart.
Aufgaben
Neben der Restaurierung der Kunstwerke mit begleitenden Untersuchungen und Dokumentationen überwachen Restaurator*innen auch die Klima- und Lichtverhältnisse in den Ausstellungs- und Lagerräumen und legen die Präsentations- und Aufbewahrungsbedingungen der einzelnen Kunstwerke fest, damit Material und Oberflächen möglichst geschont werden. Sie beurteilen, ob ein Kunstwerk als Leihgabe auf Reisen gehen darf, erstellen Zustandsprotokolle für die Objekte in den Dauerausstellungen und Depots und führen regelmäßige Kontrollen durch. Ihre fachliche Meinung wird auch bei der Beratung von Sammlern und bei der Erwerbung neuer Kunstwerke hinzugezogen.
Kontakt
Möbel und Holzobjekte
carola.klinzmann@mkg-hamburg.de
Papier
maximilian.muncke@mkg-hamburg.de
Kunsthandwerk
patricia.rohde-hehr@mkg-hamburg.de
In einem aufwendigen Forschungs- und Restaurierungsprojekt wurde eines der wertvollsten Musikinstrumente der Sammlung des MK&G in fünf Jahren wissenschaftlich untersucht und konservatorisch bearbeitet. Es handelt sich um ein prachtvoll mit Chinoiserien und Malerei dekoriertes Cembalo aus der Werkstatt von Pascal Taskin in Paris. Das 1787 gebaute Instrument gehört zur weltbedeutenden Sammlung historischer Tasteninstrumente – eine Schenkung des Ehepaars Prof. Dr. Andreas Beurmann und Heikedine Körting-Beurmann im Jahr 2000. Zum 300. Geburtstag seines Erbauers Pascal Taskin ist das optisch wie akustisch gleichermaßen prächtige Instrument nun wieder im MK&G zu sehen und zu hören sein.
Eine sorgfältige Zustandsanalyse, Farb- und Materialuntersuchungen sowie Röntgenaufnahmen haben die verschiedenen historischen Bearbeitungsschichten des Instrumentes aufgedeckt. So konnte eine mehrfache Vergrößerung des Deckels festgestellt werden. Eine historische Farbfassung unter der heute sichtbaren Bemalung wurde ebenso entdeckt. Die Ergebnisse der unter der Leitung von MK&G-Restauratorin Carola Klinzmann durchgeführten Untersuchungen waren Grundlage für eine behutsame konservatorische Behandlung der luxuriösen Dekoration. Die adäquate Spielbarmachung wurde durch das Hamburger Atelier für historische Tasteninstrumente von Ulrich Weymar vorgenommen, in Abstimmung mit zwei international renommierten Experten – Jean-Claude Battault von der Pariser Cité de la musique und dem ebenfalls in Frankreich beheimateten Cembalo- und Fortepianobauer Christopher Clarke.
Das vom Sammlungsleiter Olaf Kirsch initiierte Restaurierungsprojekt wurde durch die großzügige finanzielle Unterstützung von Heikedine Körting-Beurmann zusammen mit der Justus Brinckmann Gesellschaft sowie dem Hamburger Barockgeiger Thomas Pietsch ermöglicht.
Digitale Publikationen
The F*word – Guerrilla Girls und feministisches Grafikdesign
Die Ausstellung „The F*word – Guerrilla Girls und feministisches Grafikdesign“ macht auf die fehlende Repräsentation von Gestalterinnen in der Sammlung Grafik und Plakat des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg aufmerksam. Nur 1,5% der Arbeiten wurden von Frauen gestaltet. Die Publikation bündelt Ausstellungstexte und -ansichten und gibt so Einblick in die Ursachen, den Status quo und erste Schritte in Richtung diversitätssensibler Sammlungserweiterung und Ausstellungspraktiken.
Der Band blickt auf die Wege der Werke aus West- und Zentralasien ins Museum. Elf Einzelstudien beleuchten die Interessen des MK&G Gründungsdirektors Justus Brinckmann, sie spüren seinen Ankäufen nach und betrachten die Biografien einzelner Objekte – darunter ein Prachtkoran oder Fliesen eines Mausoleums aus Buchara. Im Mittelpunkt stehen die Verbindungen lokaler und globaler Netzwerke mit der Geschichte des Kunsthandels.
Japanische Teekeramik dient der Zubereitung des grasgrünen Pulvertees Matcha in der Teezeremonie chanoyu (wörtlich „heißes Wasser für Tee“). Bei einer Teezusammenkunft treten die Objekte in einen stillen Dialog miteinander und regen Gespräche zwischen Gastgeber*in und Gästen an. Die Begeisterung für diese besondere Kunstform verbindet Teemenschen (chajin) und Keramikliebhaber*innen. Die Sammlung japanischer Teekeramik im MK&G ist von der Freundschaft des Gründungsdirektors Justus Brinckmann (1843–1915) mit dem Kunsthändler S. Bing (1838–1905) geprägt. Der Austausch über Teekeramik und ihre Herstellung bildete auch den Grundstein für die Freundschaft zwischen dem Keramiker Jan Kollwitz (geb. 1960) und dem Schriftsteller Christoph Peters (geb. 1966). Das MK&G lädt sie beide und die im Teehaus Shōseian des MK&G chanoyu praktizierende Hamburger Gruppe der Urasenke-Teeschule ein, die Ausstellung mitzugestalten. Die Ausstellung ist Teil des von der Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius geförderten Projektes zur wissenschaftlichen Erschließung der Sammlung Ostasien.