Ostasien
Mehr als 14.000 Werke aus China, Korea und Japan umfasst die Sammlung Ostasien von Ritualbronzen aus der Shang-Dynastie (ca. 1600–1046 v. Chr.) bis zu zeitgenössischer Videokunst. Schwerpunkte bilden die japanischen Farbholzschnitte, Färbeschablonen, Keramiken, Lacke, Malerei und Schwertschmuck aus der Edo-Zeit (1615–1868) sowie herausragende Porzellane aus chinesischen kaiserlichen Werkstätten. Großzügige Schenkungen von Hamburger Bürger*innen wie Harold und Ingeborg Hartog, Jan Philipp Reemtsma, Marianne Gierok und Gerhard Schack bereichern die Sammlung im 1. und 2. OG.
Lieblingsobjekte
Kanne in Form eines Schriftzeichens
Sieht man die Deckelkanne aus Porzellan zum ersten Mal, so sticht diese unmittelbar durch ihre außergewöhnliche Form hervor. In ihrer flachen und in die Breite ausgerichteten Gestaltung mit mehreren Durchbrüchen nimmt sie die Form des Schriftzeichens fú 福 an. Das für Glück stehende Zeichen wird durch das Abgrenzen verschiedenere Bereiche durch Stege hervorgerufen, sodass sich das „Schreiben“ des Zeichens vom Deckel ausgehend nachverfolgen lässt. Die während der Regierungszeit des Kangxi-Kaisers (1662–1722) geschaffene Kanne zeichnet sich durch ihre farblich grüne Gestaltung aus, die durch Blüten und Schmetterlinge ergänzt wird. Auf zwei blattförmigen Kartuschen sind Szenen mit daoistischen Gottheiten zu sehen. So ist der Gott des langen Lebens Shoulao zu sehen, dem ein Knabe einen großen Pfirsich, ein Symbol des langen Lebens, reicht. Die Fledermaus ist durch ihre gleiche Aussprache wie das Glück, fú 福, auch ein Glückssymbol. Jedoch ist es weniger diese wiederkehrende Symbolik des Glückes und des langen Lebens, die mich an diesem Objekt fasziniert, sondern deren technische Ausführung. Mir macht es Spaß, vorzustellen, wie das Wasser durch die Kanne fließt und dabei das kalligrafische Schreiben durch den Fluss des Wassers nachempfunden wird. Ergänzend durch den geflochten anmutenden Griff und Ausguss wird nicht nur das Spiel mit dem Material, sondern insbesondere der dynamische und fließende Charakter der Kanne hervorgehoben.
Tobias Eckmann, Sammlung Ostasien und Islamische Kunst
Nō-Maske
Mich begeistert die Nō-Maske als Ausgangspunkt für das „cross-kulturelle Spiel“ der Objekte in der weiten Sammlung des MK&G. Hier spiegeln sich Potentiale, Brüche und Missverhältnisse im transkulturellen Austausch zwischen europäischem, ostasiatischem und islamischem Kulturraum. Nō beispielsweise ist eine Form des traditionellen japanischen Theaters, das aufgrund seiner Bewegungsstilisierungen auch als „Tanzdrama“ bezeichnet wird. Nur wenige Räume weiter den Gang hinunter, bewegt sich die als Ikone der europäischen Tanz-Avantgarde um 1900 gefeierte Loïe Fuller in Spiralen zu buntem Licht. Die Inspiration für ihren „Serpentinentanz“ fand sie u.a. in Japan und machte die von dort stammende Tänzerin Ōta Hisa durch japanisch anmutende Kompositionen hierzulande zum Star. Heute lässt sich im direkten Vergleich fragen, wieviel Exotismus und koloniales Marketing solchen Inszenierungen von Fremdheit innewohnt. Und auch: Wie umgekehrt europäische Tanzensembles vor 100 Jahren auf Bühnen in Asien reüssieren konnten und welche Spuren das in der Gegenwart hinterlassen hat?
Stephanie Regenbrecht, Wissenschaftliche Referentin der Direktorin
Japanisches Teehaus
Mein Lieblingsobjekt, die „Hütte der reinen Kiefer“ fiel mir direkt ins Auge, als ich zu Beginn meiner Zeit hier am MK&G die Sammlung Ostasien erkundete. Das Teehaus Shoseian wurde im Jahr 1978 aus Anlass des 100jährigen Jubiläums des Museums von der Urasenke Foundation Kyoto gestiftet. Ich war überrascht. Vor einigen Jahren hatte ich mich selbst auf eine Reise nach Japan begeben und verpasste leider auf Grund meiner begrenzten Zeit in Kyoto die berühmte Teezeremonie vor Ort. Bei meiner Abreise verabschiedete ich mich fürs Erste von dem Gedanken einmal eine solche Zeremonie miterleben zu können. Ehe ich mich versah, fing dann auch schon mein FSJ am MK&G an, und siehe da: ein richtiges Teehaus, wie in Kyoto, stand mir gegenüber. Wie ich dann herausfand, ist die schlichte, aber doch elegante Hütte nicht nur ein Ausstellungsobjekt zum Bestaunen, sondern auch ein Ort, an dem die Teezeremonie nach den Regeln der japanischen Tradition durchgeführt wird. Jetzt bietet sich mir die perfekte Gelegenheit, das verpasste Erlebnis nachzuholen, weshalb ich mir sicher bin, dass ich schon ganz bald in der Sammlung Ostasien sitze und eine wohltuende Schale Tee genieße.
Swantje Neumann, FSJ Kultur Kommunikation
Kanne in Flaschenkürbisform
Die Kanne in Flaschenkürbisform, erworben in der Zeit des Gründungsdirektors Justus Brinckmann, ist das Highlight der Korea-Sammlung des MK&G. Die Seladon- Glasur – benannt nach dem meergrün gekleideten Helden Céladon des Romans L’Astrée (1610) von Honoré d’Urfe (1567–1625) – wurde in China erfunden und in Korea perfektioniert. Die grünen Glasuren der Goryeo-Zeit (918–1392) ahmen zunächst chinesische Formen und Dekore nach. Ab dem 12. Jahrhundert entwickelt sich eine eigene koreanische Formensprache und Ästhetik. Naturnah wie hier in Form eines Flaschenkürbisses. Das Besondere an dieser Kanne? Die Malereien unter der Glasur in Kupferrot. Die Kontrolle des Kupferpigments gilt als eine der größten technischen Herausforderungen in der Herstellung von Keramik. Einzeln konturiert erheben sich die Blätter des Lotos über den Körper der Kanne. Selbst aus den tiefsten Sümpfen wächst der Lotos wunderschön empor. Er symbolisiert darum im Buddhismus die Reinheit des Geistes. Als eine von weltweit nur drei Exemplaren ist die Kanne auch deshalb ein Must-see!
Maria Sobotka, Volontärin Sammlung Ostasien
Glückbringende Genien
Schlechte Laune? Nicht bei diesen beiden Kerlchen, verkörpern sie doch nur Erfreuliches: Sie spenden Segen und Harmonie für Brautpaare, sorgen für Glück und ein langes Leben. Es handelt sich um Bildnisse chinesischer Schutzgeister, entstanden in der Ära des Kaisers Kangxi, zwischen 1662 und 1722. Gefertigt sind sie aus feinstem Porzellan mit Schmelzfarben. Sie gehören zur sog. famille verte, einer Porzellangattung, die nach dem vorherrschenden grünen Farbton benannt ist. Die Gewänder, Jacken über langen Roben, sind farbenprächtig mit Glück bringenden Blüten, vornehmlich Lotos, und Schmetterlingen versehen. Ihre Frisuren, mit geknotetem Schopf auf dem kahlrasierten Schädel, waren topmodisch in der Qing-Zeit, könnten aber auch heutzutage in der Hipster-Szene standhalten. Ihr Lächeln mit den geöffneten Lippen gibt die beweglichen Zungen preis. In den Händen halten sie Lingzhi-Zunderschwämme, die in China seit jeher als Heilpilze Verwendung fi nden und daher als Symbole der Unsterblichkeit gelten. Selbst die Sockelplatten der Figuren stehen für Wohlergehen: Sie gleichen in ihrer Form Silberbarren, in China das über Jahrhunderte hinweg beständigste Zahlungsmittel.
Ulrike Blauth, Marketing
Teller mit Pfirsichen und Fledermäusen
Acht Pfirsiche und fünf rote Fledermäuse verteilen sich dynamisch über diesen Teller. Um sie alle zu entdecken, muss man ihn wenden und kann dabei gleich die kaiserliche Marke „Da Qing Yongzheng Nian Zhi“, „gefertigt in der Yongzheng-Ära der großen Qing-Dynastie“, bewundern. Die spielerische Verteilung des Motivs und leuchtenden Farbnuancen auf Porzellan sind charakteristisch für die Yongzheng-Ära. Die reifen Früchte sehen nicht nur appetitlich aus, sondern symbolisieren als Pfirsiche der Unsterblichkeit langes Leben. Dass es gleich acht sind, steigert die gewünschte Langlebigkeit ins Unendliche, schließlich klingt „ba“ für Acht im Chinesischen ganz ähnlich wie „fa“ für Erfolg. Auch die Fledermäuse gelten in China wegen ihres Gleichklanges „fu“ mit Segen als Glückssymbol. Ihre rote Farbe steht für Überfluss und Lebensglück. Die Zahl fünf verweist zudem auf die fünf Segen: Reichtum, Glück, Langlebigkeit, Glückseligkeit und Wohlstand. So viel farbenfrohes Glück ist einfach ansteckend. Für mich ist dieses Lieblingsobjekt jedenfalls immer wieder eine Quelle guter Laune.
Wibke Schrape, Kuratorin, Leitung Sammlung Ostasien und Islamische Kunst
Kanne in Bambusform
Diese Kanne in ihrer naturinspirierten Form hat mich schon beim ersten Rundgang durch die Ausstellung „Made in China! Porzellan“ fasziniert. Alle ihre Bestandteile – Körper, Henkel, Tülle und Deckel – sind in der Form eines Bambusstammes gestaltet. Selbst den Deckel ziert eine kurze geschwungene Bambusstange als kleiner Griff. Ich stelle mir vor, wie man sich mit diesem Kännchen Tee einschenkt. Die Haptik muss der eines Bambus wohl sehr nahe kommen. Auch die Farben passen zur Bambusform. Der / die Keramiker*in hat den unglasierten Porzellankörper mit Aufglasurfarben bemalt, was die Farben kräftiger macht und stärker leuchten lässt. Drei Farben – auf Chinesisch sancai – wurden für diesen Glasurauftrag verwendet: Gelb-Braun, Grün und Blau, im Englischen treffend als „Egg and Spinach“ bezeichnet. Die zwölf Bambusstämme des Gefäßkörpers variieren in diesen Farben und die einzelnen Abschnitte zeigen mit feinen schwarzen Linien gezeichnete Pflanzen und Vögel. Symbolisch steht der Bambus für ein langes Leben und Standhaftigkeit, da er auch im Winter wächst und blüht.
Katja Weingartshofer, Volontärin Bildung und Vermittlung
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