Tyrrhenische Amphora (Tötung der Niobiden / Herakles und Nessos)
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- Herstellung um 570-560 v. Chr.
Bei dem Gefäß handelt es sich um eine sogenannte Tyrrhenische Amphora, eine zwischen 570 und 550 v. Chr. hergestellte Sonderform der Halsamphora mit eiförmigem Körper und zylindrischem Hals, die ihren Namen über 200 in Etrurien (die Griechen bezeichneten die Etrusker als Tyrrhenoi) gefundenen Vasen verdankt.
Während den Hals der Vase ein doppeltes Lotus-Palmetten-Band ziert, weist der Körper in der unteren Hälfte zwei umlaufende Tierfriese mit Widdern, Rehen, Panthern, Ziegen, Hähnen und Sirenen über einem Strahlenkranz auf. Ein dritter Fries besteht erneut aus einem Lotus-Palmetten-Band, darüber ein von je drei Linien begrenztes doppeltes Punktband. Zwischen den im oberen Teil des Körpers ansetzenden Henkeln, auf der Schulter, befindet sich auf jeder Seite ein Bildfeld, darüber ein umlaufendes, alternierend rot-schwarzes Zungenband.
Seite A zeigt eine aus sechs Figuren bestehende Szene: Zwei Knaben und zwei Mädchen im Wechsel eilen von links nach rechts und wenden ihre Köpfe nach hinten zu ihrem Verfolger, einem Bogenschützen. Dieser ist mit einem kurzen gegürteten Chiton, einer Nebris (Tierfell) und Stiefeln bekleidet. Den Pfeil hat er schussbereit eingelegt. Die Knaben, mit langem Zopf, tragen ihre Mäntel über dem linken Arm und heben in typisch archaischer Laufweise linkes Bein und linken Arm zugleich. Die Mädchen sind mit langen Gewändern bekleidet. Die Hautpartien waren ursprünglich mit Deckweiß betont, von dem sich nur geringe Reste erhalten haben. Von rechts eilt eine Schützin – erkennbar an der weißen Haut – mit zum Schuss bereitem Bogen heran. Bekleidet ist sie mit Helm, Chiton und Stiefeln. Unschwer sind in den beiden äußeren Figuren Apollon links und Artemis rechts zu erkennen, die die Kinder der Niobe töten.
Auffällig ist ein kleines Detail: Die Köcher der beiden Götter sind leer. Artemis und Apollon haben je einen Pfeil aufgelegt, und diese werden im nächsten Augenblick zwei Niobiden tödlich treffen. Aber vier Niobiden sind dargestellt! Dies scheint kein Zufall zu sein; eine alte Tradition besagt nämlich, dass zwei Niobiden überleben. Bei der Anfang des 5. Jahrhunderts v. Chr. lebenden Dichterin Telesilla heißen sie Amyklas und Meliboia (J. M. Edwards, Lyra Graeca II, 236-45), bei Apollodoros Amphion und Chloris (Bibliotheke 3, 5, 6).
Das Schulterbild der Seite B zeigt ein beliebtes Sujet auf Tyrrhenischen Amphoren, den Kampf von Herakles mit dem Kentaur Nessos im Beisein von Deianeira. Der Heros zählt zu den beliebtesten Darstellungen auf Tyrrhenischen Vasen. Er ist mit Chiton und Löwenfell bekleidet, schreitet weit nach rechts aus und legt seine linke Hand auf das Hinterteil des Kentauren. Die Rechte hält das Schwert, mit dem er Nessos den Todesstoß versetzen wird. Nessos hat Deianeira seinem Griff entgleiten lassen und bricht in den Knien zusammen. Er wendet den Oberkörper zurück und blickt mit offenem Mund auf den Helden. Deianeira hat ihre Hände erhoben. Hinter dem Kentauren zur Rechten stehen eine Frau und ein bärtiger Mann, beide mit erhobenen Händen. Es sind die Eltern Deianeiras, Dipyle und Oineos. Hinter Herakles steht eine Frau in Chiton und Mantel; nicht sicher ist, ob es sich um die Göttin Athena ohne Attribute oder eine Füllfigur handelt. Links ist noch ein heransprengender Kentaur zu sehen, der mit einem Stein bewaffnet ist. Rechts befindet sich ein weiterer Kentaur, der einen Ast schwingt.
Dem Castellani-Maler – benannt nach einer Vase in der Sammlung Castellani – werden aufgrund stilistischer Vergleiche 59 Vasen und Fragmente zugeschrieben, bei denen es sich fast ausnahmslos um Tyrrhenische Amphoren handelt. Charakteristisch für ihn sind einerseits der Pflanzenfries oberhalb zweier Tierfriese, andererseits eine geradezu humorvolle Darstellung von Menschen und mythischen Wesen mit großen Köpfen.
Zusätzliche Angaben
- Objektart
- Sammlung
- Inventarnummer1960.1
- Herstellung
- Castellani-Maler (Vasenmaler/in)
- Zugeschrieben von Cahn, Herbert A. (1915–2002, Wissenschaftler/in) GND
um 570-560 v. Chr. - Material
- MaßeGesamt: Höhe: 41,6 cm; Durchmesser: 24,7 cm; Mündungsdurchmesser: 14,2 cm
- Signatur/MarkeInschrift: Schulter Seite A: Shoulder: A:
hinter Apollon: Nonsense-Inschrift mit sieben Buchstaben
rechts vom Rücken der Artemis, um den Kopf: drei ähnliche Buchstaben - Kategorie
- Keramik (attisch-schwarzfigurig)
- Trink- und Schankgeschirr
- Grabbeigaben
- Epoche/Stil
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