Toter Niobide (Schmuck eines Prachtgefäßes)

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  • Herstellung 1. Hälfte 3. Jahrhundert v. Chr.
Kleine Terrakottafigur eines nackten Jünglings, der mit leblos ausgestrecktem Körper auf dem Rücken liegt. Der linke Arm ist entlang des Körpers geführt, die halb geöffnete Hand zeigt mit der Fläche nach oben, während die rechte Hand an den Ansatz des breiten, überstreckten Halses greift. Der Kopf ist bereits mit scheinbar geschlossenen Augen zurückgesunken. In der Brust der Statuette befindet sich ein auffällig tiefes Loch, eine Verwundung, in der ursprünglich ein Pfeil – möglicherweise aus Bronze – eingesetzt war.
Die einstige Applikation spricht für eine Identifizierung der Statuette als Kind der thebanischen Königin Niobe.
Seine Mutter hatte den Zorn der Leto (röm. Latona) auf sich gezogen, indem sie mit der Vielzahl ihrer Söhne und Töchter prahlte, während die Göttin nur zwei Kinder – Apollon und Artemis – vorzuweisen habe. Von der Hybris der menschlichen Niobe gekränkt, schickte Leto ihre Kinder, die mit Pfeil und Bogen die Niobiden töteten.
Wie die Figur des sterbenden Niobiden (Inv. 1917.448) stammt auch diese Statuette aus Canosa. Dort wurde sie mit weiteren Gefäßen, die mit Figuren geschmückt waren, in einem Kammergrab gefunden. Auch der tote Niobide gehört wohl zu einer größeren Gruppe, deren einzeln angefertigte Figuren auf mehrere Gefäße verteilt werden konnten. Letztere konnten anschließend einzeln verkauft und somit ihre thematisch zusammengehörenden Figuren getrennt werden.
Weitere Niobiden-Statuetten befinden sich in Wien.
Die Anwesenheit der Götter wird dagegen lediglich anhand der applizierten Pfeile deutlich, im Kontext der Niobiden-Erzählung sind sie jedoch nicht als Figuren auf Prachtgefäßen dargestellt.
Obwohl sie aus der komplexen Darstellung einer Niobiden-Tötung herausgelöst ist, verdeutlicht die kleine Statuette dennoch das tragische Ausmaß der Erzählung, indem sie in einem scheinbar letzten Atemzug die rechte Hand an ihren Hals führt. In ihrer Funktion als Grabschmuck mahnt sie nicht nur zur Ehrfurcht gegenüber den Gottheiten. Zugleich erinnert sie an das vorbestimmte Schicksal des Menschen, dessen vergängliches Leben in den Händen der Götter liegt.

Zusätzliche Angaben

Zitiervorschlag

Toter Niobide (Schmuck eines Prachtgefäßes), 1. Hälfte 3. Jahrhundert v. Chr., Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Public Domain, Online: https://www.mkg-hamburg.de/object/dc00124533

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