Schulz, Lavinia
Holdt, Walter

Bühnenkostüm "Toboggan" (B)

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  • Entwurf um 1921
Von seinen Schöpfern Lavinia Schulz und Walter Holdt schlicht als „Maske“ bezeichnet, besteht dieses Exemplar tatsächlich aus einem, den ganzen Körper verhüllenden Bühnentanzkostüm und einem markanten großäugigen Maskenkopf. Es stellt die weibliche Figur eines Maskenpaares dar, das unter dem Namen „Toboggan“ zu Beginn der 1920er Jahre auf den Hamburger Künstlerfesten, in Revuen und auf Soloabenden das Publikum faszinierte. Der Name „Toboggan“ ist einem beliebten Fahrgeschäft entliehen, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den Attraktionen großer Jahrmärkte gehörte. Gleich dieser wilden, um einen Turm hinabkreisenden Rutschbahn wirbelte auch die von Lavinia Schulz getanzte Figur über die Bühne. Die Gestaltung der Maske ist abgestimmt auf die von Walter Holdt getanzte männliche Gegenfigur. Farblich dominieren kräftige Rottöne, was ihre rasenden Bewegungen betonte. Den Taillenbereich des engen, aber elastischen Kostümes zieren farbige Harlekin-Rauten. Die markantesten Details sind die am Hinterkopf wippenden und vom Gürtel rundherum abstehenden gebogenen Stäbe, die entfernt an Insektenfühler, oder Pfauenfedern erinnern und sie zu bizarren, phantastischen Wesen machen.

Die Bewegungen ihrer Maskentänze versuchte Lavinia Schulz akribisch in sogenannten Tanzschriften zu skizzieren. Die weibliche „Toboggan“ ist eine der wenigen Masken zu denen mehrere Seiten im Nachlass erhalten sind. Diese ermöglichen es, einige Schrittfolgen und Bewegungen zu rekonstruieren. Die zeitgenössische Kritik bescheinigt den Maskentänzen von Schulz und Holdt eine absolute Sonderstellung: Es hieß, ihre Masken entstammen einer abgründigen Fantasie. Ihre Bewegung stellten neue Aufgaben, die noch nicht gelöst seien. Aber in diesen Anfängen führe der Weg zu ungeheuerlich grotesken Tanzvisionen, denn hier sei die Maske nicht aufgesetzt, sondern der eigentliche Tanzkörper, dem der lebendige Leib nur seine Kräfte leihe.

Der besondere Stellenwert der „Toboggan“-Masken im Werk der Künstler wird auch durch eine Skizzenfolge zu einem Drehbuch deutlich. Darin trägt das Paar die „Toboggan“-Masken und agiert zusammen mit seinem Pianisten und Begleiters Hans Heinz Stuckenschmidt. Mit dem kurzen Werbefilm sollte für ihre Maskentänze geworben werden. Während dieser Film vermutlich nie realisiert wurde, existiert eine Mappe mit Fotografien des Paares in verschiedenen Masken, die im renommierten Atelier von Minya Diez-Dührkoop entstanden. Auf diesen, als Werbepostkarten für Varietétheater gedachten Fotos, ist die weibliche „Toboggan“-Maske in verschiedenen Posen prominent vertreten.
(Athina Chadzis)

Hier findet sich das 3D-Modell der Tanzmaske: https://skfb.ly/oynxK

Zusätzliche Angaben

Zitiervorschlag

Schulz, Lavinia, Holdt, Walter, Bühnenkostüm "Toboggan" (B), um 1921, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Public Domain, Online: https://www.mkg-hamburg.de/object/dc00006895

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