Lekythos des Aion

Seit dem letzten Viertel des 5. Jahrhunderts v. Chr. wurden die Grabbezirke der wohlhabenden Athener Familien durch immer aufwendigere Denkmäler bereichert. Neben Namenstelen, Bildfeldstelen und Reliefs zierten auch marmorne Gefäße die Gräber. Zu dieser Gruppe zählt auch die Lekythos – es handelt sich um eine ins monumentale gesteigerte Form eines Keramikgefäßes, das zur Aufnahme von kostbaren Salbölen und Parfum diente und häufig als Beigabe in die Gräber gelangte.
Marmorne Grablekythen weisen gegenüber dem angedeuteten Henkel mehrfigurige Szenen in flachem Relief auf. Hier sind drei Figuren dargestellt: Im Zentrum sitzt ein bärtiger Mann nach links auf einem Lehnstuhl (griech. klismós). Er ist mit einem langen Mantel (griech. himátion) bekleidet, der über die linke Schulter gelegt ist sowie Unterkörper und Beine umschlingt. Seine Linke ruht auf dem Schoß, die Rechte reicht er einer vor ihm stehenden Frau. Über seinem Kopf befindet sich der Name AION. Die Frau ist mit einem langen Untergewand (griech. chitón) und einem langen um die Hüfte geschlungenen und über die linke Schulter geführten Mantel (griech. himátion) bekleidet. Die Haare sind in einem Haarnetz (griech. sákkos) zusammengefasst. Die Linke ist in einem Redegestus geöffnet. Eine Inschrift über ihrem Kopf benennt sie als TIMAGORA. Rechts hinter dem Stuhl steht ein weiterer, ebenfalls bärtiger Mann. Der um den Unterleib geführte Mantel ist über den angewinkelten linken Arm gelegt. Den rechten Arm hat er angewinkelt erhoben. Möglicherweise stützte er sich auf einen einst gemalten und nun nicht mehr erhaltenen Stab oder Speer. Auf Höhe und hinter seinem Kopf befindet sich die Inschrift SMIKROS ELEUSIN[I]OS.
Es handelt sich um eine sog. Abschiedsszene, bei der sich die Angehörigen von dem im Zentrum dargestellten Verstorbenen verabschieden. Die Inschriften sind recht unregelmäßig eingetragen und teilweise auf radiertem Grund, so dass von einer Zweitverwendung der Lekythos ausgegangen werden kann. Fuß und Mündung sind modern ergänzt.